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Regionale Wolle Teil 3

Untertitel: warum weiß ich es nicht selber besser

Was im Netz steht muss stimmen…. bis man es selber verwirft, mehrfach… Das geht wahrscheinlich nicht nur mir so ( note to myself: aber du weißt es doch eigentlich besser…)

Fakt: ich bin im Zuge der Wollepidemie hier, wider besseren Wissens, der fakenews gefolgt, Rohwolle ganz einfach und ohne Aufwand in der Waschmaschine zu waschen…. Zugegeben als Experiment mit einer kleineren Menge nicht sonderlich filzfreundlicher Fasern… Und: was soll ich sagen..

Also nur soviel: bei mir funktioniert das jetzt eher weniger – kommt halt drauf an, welches Ergebnis man erwartet. Möchte man gerne zusammengefilzte harte Wollklumpen ( was ja eigentlich klar war) die schon irgendwie sauber aussehen dann ja.

Nichts soll umsonst getan werden, deswegen ein kleiner Beitrag für euch zu diesem Thema – gern lasse ich mich eines Besseren belehren, da wäre ich gespannt.

Nun denn, ich kann ja nichts wegschmeißen – also musste eine Verwendung her, die ich hier mit euch teile. Hierzu könnt ihr natürlich nicht nur gewaschene Rohwolle verwenden – wie wäre ein generelles Ausmisten der Wollvoräte ( es wird Frühling) und alles, was nicht mehr ganz taufrisch ist kann für dieses Projekt verwendet werden

Unbrauchbare Wollreste, Bergschaf natur, Garn, Weißer Kammzug

Für meine Figurenlandschaften, als Fotohintergrund, als Raumdeko oder Fensterstopper – grössere Filzsteine sind da einfach unschlagbar und entwickeln auch auf Besucher eine schon fast magische Anziehungskraft.

Um einen solchen größeren Stein zu filzen braucht es einiges an Wollinnenleben – genau das Richtige für ungeliebtes Material, bei mir die verhunzten gewaschenen Wollknödel

Diese zu einem sehr festen Kern wickeln – Größe nach Gusto. Zur weiteren Stabilisierung in zwei Streifen Bergschaf wickeln, ebenfalls sehr fest und mit Garn gut in allen Richtungen fixieren – auch hierfür gerne das Hässlichste aus der Kiste endlich verwenden (alles ist dafür kompatibel, am besten sind Garne, die sich selbst durch ihre Beschaffenheit nochmal mit der Wolle verbinden können)

Diesen Knödel lege ich nun erstmal in warmen Seifenwasser ein bevor ich ihn weiter in allen Richtungen mit Streifen von Bergschafvlies umwickle. Natürlich ist auch jede andere gut filzende Wolle dafür einsetzbar – Vlies ist um vieles dankbarer als Strang, mit gröberer Wolle filzt es sich hier leichter als mit feinen langen Fasern. Wieviele Lagen ihr aufbaut entscheidet selber – mein Spruch wären mindestens drei komplette. Ich nehme allerdings viel mehr, denn ich will den unregelmäßigen Kern später beim Anfassen nicht mehr spüren. Die Streifen ziehe ich ähnlich wie Frischhaltefolie mit genug Zug ( ohne die Fasern reißen zu lassen) in alternierenden Richtungen um den seifigen Stein und lege auch jede Lage einzeln wieder mit nassen seifigen Händen an.

Wenn ich genug habe lege ich mit einem weißen Kammzugrest noch eine Quarzader auf, bevor ich den Stein mit einem Stück Gaze bedecke und nun erstmal die Oberfläche auf allen Seiten durch sanfte Reibung schließe, bis sich die Fasern nicht mehr verschieben. Gaze dazu immer wieder abheben und bei Bedarf neu auflegen, ansonsten filzt diese mit ein.

Nun komme ich bald zu dem Punkt, daß die Oberfläche geschlossen, die Filzhülle aber noch zu groß für das Inlet ist. Hier zeigt sich nun, wie prima es ist, wenn der Kern fest gewickelt war. Denn nun geht es ans Eingemachte, es kann gerollt, geworfen, gebounct und geklopft werden- bietet der Kern einen Widerstand geht alles viel leichter.

Da meine Wollreste im Inneren ja bereits verfilzt und sehr fest zusammengerollt waren schrumpfen diese nicht mehr sehr stark mit. Anders verhält es sich, wenn man gut filzfähige Wollreste im Inneren verwendet – diese zu einem wirklichen festen Kern wickeln, bevor ihr loslegt. Auch dieser wird im Prozess noch schrumpfen, hat aber weniger Spiel dazu als ein unmotivierter Haufen Fasern.

Wenn der Stein nun stabil und die Hülle gut an das Inlet geschrumpft ist wasche ich das Stück aus. Um überschüssiges Wasser zu entfernen kommt der Stein bei mir in die Schleuder ( bitte mit einigen Handtüchern als Polstermaterial). Wer keine Schleuder hat rollt ihn in einem trocken Handtuch fest aus, formt ihn danach zum Trocken und legt ihn auf ein Gitter ab. So kann das Stück von allen Seiten trocken.

Ach ja- und wenn wir schon bei Tips aus dem Netz sind ( trau-schau-wem):

Sich diese Arbeit mit einem Inlet aus schmutziger Rohwolle zu machen und drauf zu vertrauen, dass der Filzvorgang eh allen Dreck aus dem Stück fegen wird…. schaut beim Arbeiten zwar so aus und funktioniert, meiner Erfahrung nach, bei Flächen aller Art auch wirklich gut, vorallem, wenn man im Arbeitsprozess immer mal wieder die Schleuder einsetzt. Hier allerdings hinterlässt der übrige Wolldreck nach dem Filzen Trauerränder auf allen Seiten des Steins ( siehe Bild) welche erst nach dem Trocknen sichtbar werden. Ich habe mich bemüht, diese Verschmutzungen zu entfernen – das Bild zeigt das Ergebnis nach dem 4. Einseifen, Auswaschen und Trocken – keine Chance.

Also : wieder nix mit schnell mal machen ( haben wir Handwerker auch schon gewusst) – die Steine sind aber trotzdem eine einfache und zügige Methode, ungeliebte Wolle wunderschön verschwinden zu lassen.

Und als kleine Kulisse finde ich sie einfach toll

Regionale Wolle Teil 2

Hier eine minikleine Portion Wolle so, wie sie aus dem Schursack kommt – sie war wirklich nicht allzu dreckig. Und doch ist es unglaublich, welche Verwandlung die Fasern machen. Ich zeige das einfach mal wieder hier ( in Bildern von Kleinstmengen – gewaschen habe ich 4 gut aussortierte Vliese in Rhönschafgröße). Ich hoffe, auch neuen Leserinnen einen kleinen Einblick in die Urbarmachung von Wolle zu geben, die wenig bis gar nichts mit den maschinell aufbereiteten schreiend bunten Wollfluffeln zu tun hat, die der Billigbastelhandel unter dem Namen Zauberwolle grammweise in feinem Plastik verpackt unters Volk schmeißt ( ich spreche hier ausdrücklich NICHT von den allseits bekannten deutschen und österreichischen Wollhändlern und andere professionelle europäische Wollversänden!!! ) Mein Beitrag kann den Prozess allerdings nur zusammenfassend beschreiben. Jeder Schritt hat seine eigene kleine Welt der Erfahrung und des Lernens und ist es wert, selbst gegangen zu werden.

Nach einem 1 Tagesbad ( sh. voriger Beitrag) mit etwas Soda und einem zwei- dreimaligen Wasseraustausch sah es nach dem 3 tägigen Trocknen mit wiederholtem Umschichten und Drehen dann etwa so aus

Ich hatte das Vlies bereits vor dem Waschen zerrissen – sprich: ich hatte die Fasern, die durch das Wollfett, Dreck und auch etwas Verfilzung richtig zusammengehockt waren zwischen den Händen mit Hilfe meiner Finger, die ich wie einen Reisswolf verwendet habe, aufgelockert und auseinandergerissen – portionsweise und insgesamt stundenlang. Der Grund: dadurch lösen sich bereits einige Verschmutzungen und Vegetabilen fallen zu Boden. Die Fasern werden aufgelockert und werden beim Einweichen besser und schneller sauber. Diese Arbeit übernimmt bei der maschinellen Säuberung von Wollfasern der Wolf – und ehrlich: nach 3 Vliesen hatte ich mir auch den Wolf gerissen. Diesen Vorgang habe ich nach Trocknung der Fasern wiederholt. Dadurch verabschieden sich erneut viele Grasreste und ähnliches, was auch nach meiner Wollwäsche noch hartnäckig in die Fasern verhakt war. Ergebnis waren nun duftige wollweisse Wollwolken

Immer wenn ich mal soweit bin freu ich mich erstmal so richtig und verspüre eine tiefe Verbundenheit zu diesem meinem Handwerksmaterial.

Was bei mir bei ( fast – Ausnahmen bestätigen ja bekanntlich die Regel) keinem Vlies fehlt ist eine Filzprobe, um die Filzeigenschaften der Wolle zu testen. Dazu schaue ich mir gerne auch die Faserlänge und die Faserbeschaffenheit an. Da es sich bei dieser Wolle nicht um die eines reinrassigen Herdbuchtieres handelt macht es für mich wenig Sinn, die Erkenntnisse zu katalogisieren. Aber: ich kann ja meine Erkenntnisse für die nun vorhandene Wolle schöpfen, also mal erneut schnell einen Blick drauf werfen

Entschuldigt – mein Maßband war verschollen… Aber die Faserlänge kann man in diesem Vergleich fast besser einschätzen. Interessant zu wissen ist vielleicht, dass sich im Vlies eines Tieres sehr verschiedene Fasern befinden können – je nachdem wo sie sich befinden. Als nur ein Beispiel folgendes Bild

Gleiches Tier – andere Länge und auch Beschaffenheit. Die kleinen feineren Löckchen befinden sich meist an der Stirn oder an den Backen. Bereits beim Vorsortieren vor dem Waschen zerreisse ich solche meist kleinen, interessanten Stücke nicht sondern wasche sie vorsichtig im Verbund.

Erst nach dem Trocknen ziehe ich vorsichtig einzelne Löckchen aus dem Faserverbund, indem ich sie unterhalb der Spitze mit Daumen und Zeigefinger packe, die Wollportion mit der anderen Hand locker festhalten und dann ziehe.

Diese Locken verwende ich gesondert weiter- für Figurenhaare z. B. In kleine Portionen gepackt warten sie dann erstmal aufs Färben.

Frische vorbereitete Lockenbündel neben bereits pflanzengefärbten Skuddenfasern

Ganz anders gehe ich vor, wenn ich längere und auch wertvollere Locken zu waschen habe. Dazu gerne ein anderes Mal mehr.

Nun aber zur Filzprobe. Übrigens ließe sich die natürlich auch aus der ungewaschenen Wolle machen – drinnen verzichte ich allerdings ganz gern darauf… Mit den Handkarden kämme ich mir die Fasern zurecht, so kann ich diese regelmäßiger auflegen ( natürlich kann auch direkt aus der gerissenen Faser gelegt werden – ich kämme meist nur für die Probe)

Nach Auslage einer Fläche in zwei Lagen filze ich nun so lange, bis sich nichts mehr an Schrumpfung tut.

Das Ergebnis hier war überraschend. Die langfasrige gut strohige Wolle erweist sich als mittelmäßig bis gut filzfreudig. Sie schließt schnell, ihr Verbund ist dicht. Der fertige Filz bleibt trotz ordentlicher Schrumpfung recht weich.

Bei einer Probekugel mit einer groben Filznadel komme ich sehr schnell zu einem sehr stabilen Ergebnis beim Nadelfilzen, ausserdem gefällt mir die leicht gewellte Optik der Fasern sehr gut. Also beschließe ich ohne großes Federlesen einen Teil der Wolle für Zwerge und Wiesen in Grüntönen zu färben – ab damit in den Topf.

Party time!

Eine sehr schnelle Möglichkeit Fasern im Topf zu färben ist das Aufbrauchen sämtlicher auch älterer Seidenmalfarbreste der Mama oder Freundin – viele Leute verkaufen die Reste ihres ehemaligen Hobbies auch für kleinstes Geld. Nehmt, was ihr kriegen könnt – damit arbeitet ihr zum einen sehr schnell und sicher ( kein Anrühren von Pulver notwendig) und ressourcenschonend ( es gibt viel zu viel alte Farbflaschen in Regalen und Schränken…). Wenn ihr beim Mischen ein bisschen auf den Farbkreis achtet kann auch bei gruseligen Farbtönen nichts schief gehen. Und wenn ihr genug Färbematerial sprich Wolle habt könnt ihr die Farbe nach Gusto verteilen und so lange Wolle nachlegen, bis das Wasser klar ist ( sollte der nach dem ersten Färbevorgang noch farbig sein)

Ich habe 2x nachgelegt, sowohl Flocke als auch ein älteres kardiertes Stück Bergschaf.

Ich denke, den ungefärbten Rest werde ich zum Trockenfilzen und Stopfen verwenden. Dazu zeige ich im nächsten Beitrag mal ein Beispiel. Ich hab nun einen sehr großen Vorrat davon – vielleicht begegnet euch diese Wolle ja auch an einem Kursabend, wenn es wieder soweit ist…

Nunofilzspielereien

Die Tage wird es wieder spannend in der Werkstatt – neben einem Dirndltäschchenabend wird es auch zwei Nunofilzangebote geben.

Für die Baskenmütze am Freitag sind alle Schotten schon dicht –

aber für den Nunofilzschal am Donnerstag und Freitagabend, 13./14. 2. kann ich euch noch 1-2 Plätze anbieten.

Wer also schon immer ins Thema Nunofilz- sprich: die Verbindung von Wolle und Stoffgewebe (in unserem Fall Seide) eintauchen wollte, sich bis jetzt aber alleine nicht so richtig dran getraut hat – herzlich willkommen! Nähere Information und Anmeldung unter info@augentrost.info

Gefilzt wird ein Schal auf Pongee- oder Chiffonseide – nach 2 Abenden wird euch dieser wärmen und stolz machen. Jede Minute, die in ein solches Stück investiert werden lohnt sich – noch Jahre danach.