Archive for the ‘Materialkunde’ Category

dreh dich

 

dreh dich, rädchen…

…um ein fädchen spinnen zu können, muß die im sommer gewaschene wolle erstmal gekämmt werden- viele fleißige hände drehten abwechselnd die kurbel der kardiermaschine, zupften wollflocken auf, fütterten die rollen, sortierten heu und kletten aus,  bis jede gruppe ein feines waldschafvlies von der großen rolle abnehmen   

und stolz zur weiterverarbeitung bereit in ihre räume tragen konnte – gerne wurde zwischendurch, davor und danach auf den mitgebrachten ouessant und heidschnuckenvliesen gekuschelt – frisch von der diesjährigen schur ein wahrlich schafiges erlebnis!

ich selber freute mich nach getaner arbeit sehr auf eine kanne frisch aufgebrühten tee

oder auch zwei….

die hatte ich mir trotz der ständigen, eifrigen und tatkräftigen mithilfe von 20 kindern ehrlich verdient – …

scherereien

ich will hier raus – 

das war rosis einziger gedanke, als dieser fremde mann die weide betrat. Robi war (noch) ganz cool –

schließlich ist er hier der uneingeschränkte chef dieser herde – bis es losging

mit der schererei.

konnte man (bzw. bock) vorher die 4 mädels noch mit imposantem körperbau und einer wilden frisur beeindrucken

sah das hinterher doch etwas luftig aus (zumindestens den temperaturen angepasst…).

nachdem alle fünf von der last ihrer felle befreit waren – nach vielem anschließendem hin- und hergeschnüffel, geboxe und gemähe

kehrte dann doch langsam wieder ruhe und frieden ein – was zu einem großteil der ruhigen und sicheren hand und art unseres schafscherers zu verdanken ist.

nur rosi wollte immer noch gehen – dorthin, wo die böcke lange haare tragen mit blumen darin …..sie ist halt doch ein verkapptes blumenkind …

ouessant

 

nachdem die schur in großen schritten näher kommt und das wetter der letzten woche einfach zu schön war – hier ein kleiner bildabriß zum thema : vom schaf zur wolle

wer über den vorgang ein bisschen mehr lesen möchte schaut einfach in www.fasertausch2011.blogspot.com – hier findet ihr lesenswertes zu allen möglichen schafrassen und zur verarbeitung deren wolle.

damit das ouessant auf dem tisch nicht allzu alleine bleibt habe ich den schwung ausgenutzt, reste von waldschaf  (linke schüssel) zu waschen und zu trocknen. bereits im feuchten zustand war zu bemerken, dass diese flocke viel härter und starrer war als die ouessant, die mit ihren 27-28 micron doch erstaunlich weich ist. kardiert wird es noch besser zu erfühlen sein….ich könnte die faserfeinheit natürlich sofort auch nachschauen im www aber wißt ihr: ich gehe jetzt lieber wieder in die werkstatt und fasse es an….

hasensuppe und anderes

voilá – hasensuppe an sauce mongolaise

soviel zu gereinigter mongolischer wolle – diese schließt schnell und wird schön griffig und fest, lässt aber einen guten teil steppe auf dem arbeitstisch zurück. nicht gestört hat das die sechs frauen, die heute morgen eine osterhasenpolonaise in der werkstatt veranstaltet haben. gefilzt haben wir mit karakul, walliser bergschaf und eben benannter mongolischer wolle, denn ich finde deren derbe strukturen gerade für kleinteile wie diese hasen sehr passend. wir liessen feine merino links liegen und so sahen sie dann eben wild und ungezähmt aus – die hasen.

und da die meisten selber mindestens einen hasen zuhause haben, wurde selbiger gleich für die kinder nachgefilzt – auch wenn dann schon mal gemutmaßt wurde, ob man denn tatsächlich ein erdmännchen beherbege, welches sich nach ohrenmontage jedoch wieder ver-has-te…

ebenso lustig hatten wir es bereits am montag – dort wurden kleine dosen gefilzt, die auf nachttisch oder regal für ordnung sorgen sollen oder kleine schätze und fundstücke bergen können – ein prima-einsteigerkurs zum thema hohlformen – denn: was klein geht, geht auch grösser. und wissen, was hier aquiriert wird, hilft bei der umsetzung des nächsten 3-d-projekts.

so wurde genau ausgelegt, muster ertüffelt, gedreht und gewendet, gefilzt, geschnitten, gezogen,… bis jede zufrieden und hoffentlich glücklich mit  ihrem gefäß nach hause ging. ich war auch zufrieden, denn diese waren alle nicht nur dekorativ sondern eben prima gefilzt  – vielleicht bin ich mittlerweile fast gefürchtet, denn wie lautet mein mantra? es sieht vielleicht fertig aus – aber es ist noch nicht fertig!

so ernte ich manchmal ein mittleres stöhnen, welches sich am ende des abends zumindest glücklich anhört – auch was, oder?

ich selber kann immer wieder kleine dosen in immer neuen ausprägungen filzen – es macht mir viel spaß, neue farb-  und materialkombis auszuprobieren – und ehrlich: oft forme ich anstelle einer probe eine probedose – ein bisschen spaß muß sein!

kardieren

 

kardieren, auch kardätschen oder krempeln nennt man den vorgang des wolle kämmens. ziel ist es hierbei, die fasern der wolle so parallel wie möglich auszurichten, um daraus ein (krempel-) vlies oder flor zu gewinnen.

eine wunderbare winterbeschäftigung ist das kardieren mithilfe der sogenannten handkarden. diese haben eine wollauflagefläche von ca. 10x25cm und sind gespickt mit kleinen parallel ausgerichteten drahthäkchen. durch ein gleichmäßiges ziehen und wenden kann so wolle nach dem waschen gekämmt oder aber auch bereits gekämmte wolle farblich gemischt werden.

gleichermaßen, wenn auch in einer größeren durchlassmenge arbeitet man mit der tischkardiermaschine (elektrisch oder mit handkurbel). diese wird in verschiedenen breiten angeboten. mithilfe gegenläufiger walzen, ebenfalls mit unzähligen kämmhäkchen gespickt, wird die unten eingegebene wolle zu einem je nach geduld und können mehr oder minder gleichmäßigen vlies gekämmt. das eine wie das andere ist bei einer größeren wollmenge eine anstrengende bisweilen schweißtreibende arbeit – verglichen mit der arbeit, die wolle mithilfe des samenstands der weber-karde, auch kardendistel genannt (dipsacus sativus) für die handspindel vorzubereiten , wie die frauen in den frühen zeiten, ist das  allerdings bereits ein kinderspiel.

…wobei es durchaus ein kinderspiel wert ist, mit denselbigen das wollekämmen im herbst auf der wiese mit dieser pflanze einmal auszuprobieren – und danach mit der handspindel ein fädchen zu drehen …

im handel erhältliche vliese und bänder werden über große elektrische oder noch mechanische kardiermaschinen geschlagen. je nach wollsorte, grad der verschmutzung durch vegetabilien, feinheitsgrad etc. wird die charge ein oder mehrmals über die walzen gelassen, teilweise bestehen kardiermaschinen, die früher vorwiegend in spinnereien standen auch aus zwei aufeinanderfolgenden walzen.

 
 
 

mit großem wissen um die maschinen und das ausgangsmaterial können so auch verschiedenste melangen und materialmixe entstehen – wie hier in der kardiererei von sonja und bernd fritz von wollknoll (www.wollknoll.eu)

da schlägt das herz einer filzerin, weberin, spinnerin doch gleich ein paar takte höher…ideen-ideen-ideen………….

must have

zurück von einer woche filzinput bin ich voller neuer und kribbeliger eindrücke – zum thema „sich ein fell zulegen“ beschäftigten wir uns beim wollknoll in neuhausen eine knappe woche mit rohwolle.

rohwolle ist der begriff für die wolle, die direkt vom schaf kommt. nach der schur, ungewaschen, unsortiert und ungekämmt ein eldorado für den schafliebhaber, gewöhnungsbedürftig in haptik und geruch für die ländlich eher ferneren teilnehmerinnen.

unter der sehr erfahrenen und fröhlichen leitung von heidi greb erfuhren wir nicht nur theoretisch sondern auch praktisch die eigenheiten in der direkten verarbeitung dieses materials.  wir lernten zu sondieren, zu sortieren, vorzubereiten, zu kombinieren und mutig auch die farblich unbestimmteren wolllocken zu verwenden, mit der hoffnung auf eine angenehme farbe nach wasser und seife.

neben unterschiedlichsten proben entstanden verschiedenste archaisch anmutende kleidungsstücke, die ein wirklicher schutzraum für den körper sind.

stellt wolle in neuseeland oder australien einen wichtigen wirtschaftsfaktor dar, bekommt man in europa aufgrund der gröberen qualität verschwindend geringes entgelt pro (vorsortiertem) kilogramm – so landet rohwolle nach der schur meist auf dem mist oder im feuer. was ehemals lebenswerte schuf verkommt zum entsorgungsfall – und mit dem ursprungsmaterial ebenso der saisonale auswurf der gewinnmaximierend arbeitenden textilindustrie, welche in der regel ohne rücksicht auf menschliche oder ökologische verluste in erzeugerländern alle woche neue „preis-WERTE“ (????) ware unter die leute labelt .

die arbeit mit der rohwolle, dem wollfett an den händen, gras, kletten und auch wegstaub inklusive ließ mich eintauchen in ursprünglichkeiten,  ließ mich nachdenken über wege von textilien, über notwendigkeiten und überfluß in sachen kleidung, über regionalen reichtum der wollsorten und über so manches damit verbundenes.

es ist nicht jederfraus sache, gefilzte kleidung aus rohwolle/ mit rohwollelementen zu tragen und das muß es auch nicht werden. für mich war die auseinandersetzung mit diesem thema jedoch wieder mal ein anstoß in die richtige richtung – weg vom „must have“ hin zum „how to do“  – eine wirklich WERT-volle erfahrung.

jahreswechsel

…die sonne läßt die verschneite landschaft wie das reich der kristallzwerge funkeln – so schön und auch so kalt. die schafe werfen nur hin und wieder einen blick richtung sommerweide – oder was davon noch sichtbar ist und verziehen sich zumindest nachts in ihren stall.

naja, es sind halt auch keine kristallschafe…

ouessant, ushant oder quessantschafe stammen ursprünglich von der ile d`ouessant, einer bretonischen insel im atlantik. sie sind die kleinste schafrasse der welt – ihr stockmaß beträgt (bei herdbuchtieren) 47 bzw. 49 cm. ihre wolle ist sehr dicht, feine unterwolle und rauhe, lockige oberwolle. man sagt, dass fischersfrauen der insel aus der (dort üblichen) schwarzen wolle ihre trauergewänder sponnen und webten, wenn ihre männer auf see blieben – ein schicksal, das uns im bayrischen wald  wohl eher erspart bleiben wird. robust wird die rasse genannt, menschenfreundlich und anhänglich möchte ich noch hinzufügen – kuschelschafe halt.

ich wünsche euch allen einen fröhlichen und gesunden jahreswechsel – ob mit familie, mit schafen, mit freunden – auf parties, auf bällen – in galarobe oder schlafanzug – auf dem gipfel des hausberges, am strand, im wohnzimmer

auf ein buntes jahr 2011!

etamine de laine

etamine de laine ist ein wunderbarer trägerstoff für winterwarmen nunofilz und filzverbindungen.  der gewebte stoff besteht zu 100% aus wolle. durch das walken wird er weich und anschmiegsam.  der durch das filzen erzielte einsprung bewirkt auch eine optische veränderung seiner oberfläche – das gewebe verdichtet sich und erhält eine ganz leichte crinclestruktur.

etamin läßt sich sehr gut färben, abbinden, abnähen…- shibori-experimenten sind keine grenzen gesetzt.

shibori? nuno? nicht alle leserInnen müssen damit sofort etwas anfangen können.

nach und nach werde ich hier immer mal wieder eine kleine grundlageneinheit in materialkunde einbauen.

ich finde es wichtig aufzuzeigen, dass gerade im filzhandwerk hochwertigste materialien und aufwendige verarbeitungstechniken anwendung finden, die dem endprodukt oft nicht auf den ersten blick anzusehen sind. diese machen es jedoch einzigartig, wert-voll und sind im zusammenspiel von idee, technik und material jeweils ein kleines stück herzblut, erfahrung und kunst einer jeden filzerIn.

habe deswegen für alle interessierten die kategorie -materialkunde- eröffnet, in der im rückblick immer wieder geschmökert und auch nach themen angefragt werden kann – ich werde mich bemühen, diese zu recherchieren und fragen zu beantworten….diese erhebt in keinster weise irgendeinen anspruch auf vollständigkeit, sie resultiert allein auf meinen eigenen zugängen zu den erwähnten materialien und macht vielleicht lust, diese in eigene projekte miteinzubeziehen.

posamente

sind keine posaunen….hat auch nix mit alimenten oder sentimental zu tun….

posament kommt aus dem französischen (passement) ist ein textiler besatzartikel ohne eigene funktion, d.h. sie werden zur verzierung anderer textiler endprodukte wie kleider oder raumtextilien verwandt.

daß es diese verzierungen aus gewebten bändern sind, habe ich auch erst gelernt, seitdem ich hier in direkter nähe zur posamentenfabrik hengersberg wohne.

sie finden verwendung an galauniformen und trachten, an schabracken und lampenschirmen (wobei ihre große zeit dafür eindeutig vorbei ist), werden immer noch von hand hergestellt und muten manchmal ganz schön retro an, je nachdem, in welcher farbkombination die quasten und knoten gefertigt sind.

ich mag diese halle der hengersberger posamentenfabrik voller ratternder maschinen, jede spuckt langsam aber beharrlich eine andere borte, webband, spitze, fransen oder popomgirlande aus, es riecht leicht nach maschinenöl und es ist dort immer warm.

hier findet ein posament für eine uniform verwendung als verschluß – trotz vieler feiner merinofilze ist meine begeisterung für graue bergschafwolle ungebrochen. auf dieser grundigen gürteltasche (hinten befindet sich eine schlaufe) trifft sich posament hengersberg mit flohmarktknopf deggendorf – stimmig.

tante reloaded

 

…es ist auch die zeit des aufräumens und bereitmachens für die langen verschneiten winter hier im bayrischen wald.

deswegen habe ich die diesjährige wolle gesichtet und gelichtet – an alle schafhalter- ich -liebe-meine tiere – aber-was- soll- ich-mit-der-wolle-machen-leser (also, an alle, die mich noch nicht angerufen haben):

sich erst mal großzügig von bauch – beine -po trennen (von dem des wollvlies – wenn das andere so einfach wäre..) – die nackenwolle nicht vergessen; wobei diese teilweise so toll verfilzt ist, dass sich die etwas mühselige reinigung in diversen warmen (regen-)wasserbädern (mit ein bisschen billigem shampoo ab badedurchlauf 2-3, je nach verschmutzung), alles schön langsam, nicht zu stark rühren, sondern zu wasser lassen, durchaus lohnenswert ist;  die wannen müssen so groß sein, dass sich die wolle darin gut bewegen kann;   wolle also gut einweichen und dann, wenn das wasser noch warm ist herausnehmen -wenn das wasser kalt ist bildet sich ein fettfilm an der wasseroberfläche, der sich wie eine haut wieder über die fasern legtund die arbeit war umsonst….dann nochmal wässern und von vorne, bis es keine ablaufbrühe mehr gibt

 die wolle auf ein gitter o.ä. hiefen (soviel davon greifen, wie möglich, das kann ganz schön schwer sein) und alles abtropfen lassen oder in einer vorhandenen schleuder trocken schleudern

danach an einem wetterfesten (regen- und sonnengeschützt) ort 1,2,3…wäscheständer aufstellen und darauf trocknen lassen.

danach duschen ( ja, das lanolin ist zwar gut für die haut, da ist aber nebenbei ein klein bisschen (hüstel) dreck dabei – also: an dir…)

und dann sich freuen, einen microteil der arbeit verrichtet zu haben, die den leuten früher ganz normal und alltäglich war – neben vielerlei anderen aufgaben…da wurde nämlich nichts einfach so weggeschmissen, und schon gar nichts, von dem man sich wärmendes für die kalten tage herstellen konnte; womit wir beim spinnen wären….dazu mehr, wenn ich es endlich kann…

das vlies von tante (unserem schaf…) war so kompakt, daß ich nach lydas beispiel aus der schule das ganze vlies einfach am stück verfilzt habe

ungereinigt (das erledigte sich beim filzen von selbst – ich rate zur open-air-arbeit

die rückseite wurde mit bergschaf belegt

und heraus kam nach walken vielen spülungen mit wasser und essigwasser

tante reloaded

 (kommentar: hey, das sieht ja aus wie geschlachtet!   ??????????   )

nein, tante lebt!